NEUER TERMIN
Aufgrund der Corona-Pandemie musste der Termin der Ausstellung im Beethoven-Haus verschoben werden.
Neuer Termin: 2. Juni bis 3. Oktober 2021
Zündstoff Beethoven
Rezeptionsdokumente aus der Paul Sacher Stiftung
Eine Ausstellung der Paul Sacher Stiftung im Beethoven-Haus Bonn
02.06.2020, update 03.12.2020
Ludwig van Beethovens Relevanz für nachfolgende Komponistinnen und Komponisten ist unbestritten – mit positiven wie negativen Auswirkungen. Schon Franz Schubert soll gefragt haben, wer «nach Beethoven noch etwas zu machen» vermöge, bezeugte damit aber nur umso mehr die Notwendigkeit der Auseinandersetzung mit dessen Musik. Im 20. und 21. Jahrhundert stellt sich die Situation zwar vielschichtiger dar, weil die Anknüpfungsmöglichkeiten fast ins Unermessliche gewachsen sind und die Idee eines musikalischen Mainstreams mit Beethoven als Ausgangs- bzw. Fluchtpunkt kaum mehr gültig ist. Dennoch haben auch in dieser Epoche unzählige Komponistinnen und Komponisten in ihrem Schaffen auf Beethoven reagiert, auf ihn Bezug genommen oder sich kreativ von ihm abgegrenzt.
Die Paul Sacher Stiftung widmet sich diesem Thema mit der Ausstellung Zündstoff Beethoven und einer zugehörigen Buchpublikation. Anhand von ausgewählten Dokumenten aus dem Archiv werden einige Facetten des kompositorischen sowie des theoretischen und pädagogischen Umgangs von Musikern und Musikerinnen mit ihrem großen Vorgänger aufgezeigt. Dabei stehen schriftliche Dokumente wie Musikhandschriften und Textmanuskripte im Vordergrund, gelegentlich ergänzt durch Ton- und Bilddokumente. Zur Gliederung der Exponate wurden vier thematische Gruppen definiert, in denen je ein Aspekt der Bezugnahme auf Beethoven im Vordergrund steht.
Beethoven als Lehrmeister
Die Klassizität von Beethovens Musik ist auch daran ablesbar, dass an ihr für diejenigen, die sich in der Kunst der musikalischen Komposition ausbilden, kein Weg vorbeiführt. Sie dient als Vorlage für Instrumentationen, fungiert als Stilmodell oder ermöglicht, anhand ihrer Form- und Strukturmerkmale eine mustergültige Art der musikalischen Logik zu veranschaulichen. Ihr wird ein Vorbildcharakter zuerkannt, der sie zum idealen Unterrichtsgegenstand macht. Diese Zugangsweise wird anhand von Analysen, Bearbeitungen und anderen Studiendokumenten veranschaulicht.
Ideologische Überhöhungen
Neben der pädagogischen Mustergültigkeit zeichnet sich Beethovens Musik besonders durch ihre Anfälligkeit für ideologische Vereinnahmungen aus. Voraussetzung dafür bildet Beethovens omnipräsente, über jegliche Grenzen hinwegreichende Verbreitung. Die damit einhergehende Tendenz, seiner Musik eine hochgradige Symbolhaftigkeit zuzuschreiben, erschließt ein nahezu unerschöpfliches Identifikationspotential, das etwa von der prinzipiellen Vorbildlichkeit oder von Vorstellungen der Reinheit und des Heroischen ausgeht, allerdings auch seinen ablehnenden Widerpart in sich trägt.
Strategien des Verweisens
In der dritten Exponaten-Gruppe werden einige «Strategien des Verweisens» veranschaulicht, die zur Vergegenwärtigung Beethovens angewendet wurden. Zu diesen Strategien gehört beispielsweise die «Übermalung» von Beethoven'schen Werken mit mehr oder weniger starker Präsenz des Originals im Neuen. Die am häufigsten verwendete Verweistechnik ist und bleibt jedoch das (meist kurze) Zitat, das sich deutlich von seinem neuen musikalischen Kontext abhebt. Solche Zitate können die unterschiedlichsten Funktionen haben; auch kann das Verhältnis zwischen der zitierten Musik und ihrer neuen Umgebung keineswegs nur dissoziativ sein, sondern unterschwellige konstruktive Verbindungen aufweisen.
Verfremdungen und Demontagen
Die vierte Exponatengruppe schließlich führt einige Werke vor Augen, in denen Beethovens Musik «verfremdet» bzw. «demontiert» wird, wobei die betreffenden Komponisten meist nicht gegen das Schaffen des berühmten Vorgängers, sondern eher gegen den übertriebenen Beethoven-Kult aufbegehrten. Als locus classicus dieser Haltung erhält Mauricio Kagels «Metacollage» Ludwig van in der Ausstellung einen Ehrenplatz, zumal dieses Projekt teilweise im Beethoven-Haus selbst realisiert wurde. Doch kommen auch andere Beispiele prägnanter Demontagen und erhellender Konstellationen zum Zug.
Ausstellung
Zündstoff Beethoven
Rezeptionsdokumente aus der Paul Sacher Stiftung
kuratiert von Felix Meyer und Simon Obert
(Ursprünglicher Termin: 13. November 2020 bis 2. März 2021)
Neuer Termin: 2. Juni bis 3. Oktober 2021
Beethoven-Haus Bonn
Bonngasse 24-26
53111 Bonn / Deutschland
Webseite Beethoven-Haus
Katalog
Der reich bebilderte Begleitband zur Ausstellung mit übergreifenden thematischen Essays und ausführlichen Kommentaren zu den einzelnen Exponaten ist bereits erschienen.
Deutsche Ausgabe
Englische Ausgabe
Begleitprogramm
Online Führung
Video-Tour durch die Ausstellung mit den Kuratoren Felix Meyer und Simon Obert
Eröffnungskonzert 1. Juni 2021
Online-Konzert mit Solisten des Ensemble Musikfabrik und Werken von Henry Brant, Charles Ives, Jürg Wyttenbach, Heinz Holliger und Igor Strawinsky
Erläuterungen zum Programm von Felix Meyer
Konzert 25. August 2021
Konzert mit David Jerusalem, Martin Lindsay und dem Ensemble Musikfabrik
Mauricio Kagel, Ludwig van. Hommage von Beethoven (1969), Konzertfassung von Carl Rosman für zwei Stimmen, zwei Klaviere und Streichquartett
Konzert 27. September 2021
Konzert mit dem Ensemble Musikfabrik
Werke von Cristóbal Halffter, Malte Giesen und Anthony Cheung